Einladung zu einer Diskussion am 21. Mai 2009 – 15 Uhr, DGB Haus, Kaiserstr. 26 – 30, Mainz
Mit Beiträgen von Philipp Benz, Darmstadt antifaschistischer Widerstandskämpfer und Überlebender des KZ Osthofen
Götz Dieckmann, Berlin, Historiker und stellvertretender Vorsitzender des RotFuchs-Fördervereins
Antifaschistischer Bildungskreis Mainz-Wiesbaden
JJCC – Kommunistischer Jugendverband Chile
Wozu sind Nazis da? Aus welchen Gründen erhält der deutsche Staat die NPD und finanziert sie zu erheblichen Teilen mit Steuergeldern? Wie ist es zu verstehen, dass die in den 80er Jahren offensiv propagierten rassistischen Forderungen der Republikaner und anderer Nazis nach „Unterbindung des weiteren Zuzugs von Ausländern“ oder in der deutlicheren Form: „Ausländer raus!“ in den 90er Jahren mit der Abschaffung des Asylrechts von allen staatstragenden Parteien umgesetzt wurden. Dazu titelte der Spiegel „Das Boot ist voll“ und Faschisten mordeten in Rostock, Mölln und Leverkusen. Die Zahl faschistischer Angriffe war nie so hoch wie zurzeit. Die Zahl der in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge war nie so gering wie heute. Zwei Phänomene ohne inneren Zusammenhang? Davon gehen wir nicht aus.
Wir wollen mit der Diskussionsveranstaltung die Frage der gesellschaftlichen und Herrschaftsfunktion des Faschismus untersuchen. Dafür richten wir den Blick auf den Faschismus an der Macht als eine Form bürgerlicher Herrschaft. Der Historiker Götz Dieckmann wird den marxistischen Begriff und die Klassenanalyse des Faschismus erläutern. Davon ausgehend wollen wir die politische Funktion der heute existierenden (und stärker werdenden) faschistischen Parteien, Gruppen und Strukturen untersuchen. Dabei wollen wir das Wesen, den politischen Gehalt der Prozesse erfassen und vereinfachende Sichtweisen überwinden. Die Faschisten sind fraglos als eigenständige Formation zu begreifen und nicht der verlängerte Arm des Staates. Wo aber decken sich ihre und die Interessen des Staates? Was ist der Sinn der antikapitalistischen Parolen der NPD und der „autonomen Nationalisten“? Wem nutzen sie? Die faschistischen Parteien sind heute erkennbar keine unmittelbare Option für die herrschende Klasse aber doch eine Formation, die dazu dienlich ist, das politische Kräfteverhältnis beständig nach rechts zu verändern. Herr Schäuble weiß wovon hier die Rede ist.
Wir wollen den Blick auch auf internationale Aspekte richten. In Italien ist die führende faschistische Partei in der Regierung Berlusconis vertreten. Vor wenigen Wochen vereinigte sich diese Alianza Nazionale mit der Rechtspartei des Ministerpräsidenten zur Popolo della Libertà (Volk der Freiheit). Dies ist ein Ausdruck der weit fortgeschrittenen Faschisierung im EU-Land Italien. Ist der Charakter, der politische Inhalt dieses Prozesses mit Entwicklungen hierzulande vergleichbar? Ist Italiens Rechte Vorreiter in der EU, eine Art Experimentierfeld?
Ein kurzer Beitrag des Kommunistischen Jugendverbandes wird von den Erfahrungen und vom antifaschistischen Kampf in Chile, bald zwanzig Jahre nach dem Sturz der Pinochet-Diktatur berichten. Pinochet war lange Jahre ein guter Freund hiesiger CDU- und CSU-Politiker, sein Versprechen, die „Demokratie in Blut zu baden“ hat er wahr gemacht. Anders als in Deutschland war der Faschismus in Chile mit einem starken politischen und bewaffneten Widerstand konfrontiert, der ganz wesentlich zum Sturz des Regimes beigetragen hat. Wie sehen die politischen Bedingungen in Chile heute aus? Wie groß ist die Gefahr einer erneuten faschistischen Machtergreifung? Wie stark ist der Widerstand? Hierüber werden wir eine Einschätzung erhalten.
Ein weites Feld!
Wir wollen Zusammenhänge erarbeiten, Ursachen und Wirkungen bewusst machen,das Wesen der Prozesse hinter der Erscheinungsebene erkennen und damit ein tieferes Verständnis entwickeln.
Wir beginnen mit der Veranstaltung um 15 Uhr und werden also ausreichend Zeit haben, die Beiträge zu diskutieren und mögliche Schlussfolgerungen für den antifaschistischen Kampf zu ziehen.
HINWEIS: Mitglieder extrem rechter Parteien oder Organisationen, sowie Personen, die der rechten Szene angehören oder mit ihr sympathisieren, an rechten Veranstaltungen teilgenommen haben oder durch rassistische, antisemitische, nationalistische, sexistische Wortbeiträge aufgefallen sind oder auf andere, vergleichbare Art und Weise Veranstaltungen gestört haben, sind von der Teilnahme an dieser Veranstaltung ausgeschlossen. Die VeranstalterInnen behalten sich vor von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.